Keine Zeit zum Feiern? 40 Jahre Frauenrechtskonvention

Veröffentlicht am: 17. Dezember 2019|Meinung, Presseaussendung, Publikation|Themen: |

Ernüchternde Fakten und feministische Forderungen

(Wien, 17.12.2019) Global gesehen leisten Frauen drei Viertel aller unbezahlten Haushalts-, Betreuungs- und ehrenamtlichen Arbeit. Weltweit werden unbezahlt täglich 16,4 Milliarden Stunden Arbeit geleistet. Das entspricht 2 Milliarden Menschen, die täglich 8 Stunden arbeiten.  Würde die gesamte unbezahlte Haushalts- und Betreuungsarbeit auf der Basis von Mindestlöhnen in Geld bewertet, so würde das laut Berechnung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (2018) 9% der globalen Wertschöpfung (BIP) entsprechen.

WIDE-Presseaussendung als pdf

Die staatlichen Verpflichtungen

Am 18. Dezember 1979 – vor genau 40 Jahren – wurde die UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) verabschiedet. Dieses Abkommen ist völkerrechtlich bindend und zielt darauf ab, die Diskriminierung von Frauen in allen Lebensbereichen zu unterbinden. Dabei geht es sowohl um die rechtliche als auch die tatsächliche Gleichstellung, und es müssen Mehrfach-Diskriminierungen, wie sie etwa Migrantinnen erleben, berücksichtigt werden. Es braucht allerdings politischen Willen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, damit unbezahlte Arbeit fair zwischen Männern und Frauen aufgeteilt wird und bezahlte Arbeit existenzsichernd ist.

Die notwendige Betreuung – ein „weibliche“ Care-Verpflichtung?

Es ist bekannt, dass ein (negativer) Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an unbezahlten Care-Verpflichtungen und den Job-Chancen von Frauen besteht. 647 Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter sind laut ILO wegen familiärer Verpflichtungen nicht in bezahlter Arbeit tätig. Bildung spielt beim Zugang zum Arbeitsmarkt eine Rolle, aber dennoch sind weltweit 41,5% der Frauen mit Universitätsabschluss entweder arbeitslos oder aus anderen Gründen (vor allem wegen Betreuungspflichten) nicht beschäftigt, gegenüber 17% der Männer. Während Frauen mit Betreuungspflichten für Kinder unter fünf Jahren einen Arbeitsmarkt-„Malus“ erleben, ist bei Männern nur im Ausnahmefall die Betreuung von Kindern ein Hinderungsgrund für bezahlte Beschäftigung.

Bezahlte Arbeit dank sozialer Sicherheit

Soziale Sicherheit ist ein Dreh- und Angelpunkt, um Frauen von unbezahlter Arbeit zu entlasten. Laut ILO ist in Ländern, in denen ein höherer Anteil des Volkseinkommens für Kindergärten, die Langzeitunterstützung von Menschen mit Behinderung und für Leistungen im Fall von Mutterschaft, Krankheit und Arbeitsunfällen eingesetzt wird, nachweislich der Frauenanteil an den Beschäftigten höher.

Auslagerung der Pflegekrise

Allerorts ist von Pflegekräftemangel die Rede, aber wie schaut es um die Arbeitsbedingungen aus? Überbelastung, fehlende Wertschätzung sowie schlechte Bezahlung und hoher Zeitdruck in der bezahlten Care-Arbeit sind Bedingungen, die sich negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten und die Qualität der Care-Arbeit auswirken. Aufgrund der demographischen Entwicklung muss der global steigende Care-Bedarf bei den öffentlichen Ausgaben berücksichtigt werden. Faire Arbeitsbedingungen mit Zugang zur Sozialversicherung und angemessener Bezahlung braucht es für alle Beschäftigten, einschließlich für die im Care-Sektor beschäftigten Migrantinnen. In Österreich wird die 24-Stunden-Pflege zu Hause zu fast 100% von Migrantinnen geleistet. Wer betreut jedoch ihre Kinder und Angehörigen?

Budget für soziale Sicherheit und menschenwürdige Pflege sind eine feministische Priorität

Um die Frauenrechte umzusetzen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, braucht es ausreichend Steuereinnahmen, gekoppelt mit gender-sensitiven Budgetprioritäten („Gender-Budgeting“). Kein Staat kann es sich leisten, die Ungleichheit zwischen Frauen* und Männern*, Migrant*innen und Mehrheitsbevölkerung weiter ansteigen zu lassen und auf die Besteuerung großer Vermögen und  von Konzerngewinnen zu verzichten. Multinationale Konzerne müssen verpflichtet werden, ihre Steuern dort zu bezahlen, wo sie wirtschaftlich tätig sind; Konzerne und Reiche müssen einen fairen Anteil zum Steueraufkommen leisten.

Österreich könnte auf der Basis von bereits bestehenden Verfassungsbestimmungen zu einer gleichstellungsorientierten Budgetpolitik und durch die Schaffung von Rahmenbedingungen für die faire Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit eine Vorreiterrolle spielen – wenn es nur wollte.

 

Quellen:
ILO (2018): Care work and care jobs for the future of decent work, https://www.ilo.org/global/publications/books/WCMS_633135/lang–en/index.htm
ILO (2019): A Quantum Leap for Gender Equality, https://www.ilo.org/global/publications/books/WCMS_674831/lang–en/index.htm
 
WIDE-Presseaussendung als pdf

 

Weitere Beiträge