Krise trifft Frau: Äthiopien
KRISE trifft FRAU – Geschlechtsspezifische Aspekte der multiplen Krisen in Äthiopien
Erscheinungsdatum: März 2012
Autorinnen: Gertrude Eigelsreiter-Jashari, Ilse Hanak, Brita Neuhold, Silvia Samhaber Claudia Thallmayer
Preis: EUR 5,00 plus Porto
In dieser Studie werden die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 auf die Lebensbedingungen von Frauen in Äthiopien untersucht. Viele Äthiopierinnen leben seit Jahren in einer permanenten Situation von Krise – vorwiegend einer Krise der Landwirtschaft und der Ernährung, die eng mit dem globalisierten kapitalistischen Finanz und Wirtschaftssystem zusammenhängt, aber auch einer politischen Krise. Während die Finanzkrise selbst Äthiopien – wie auch andere wenig „entwickelte“ Länder – quasi nur gestreift hat, so betreffen ihre Auswirkungen sehr arme Menschen – zu denen überproportional viele Frauen zählen – ungleich massiver, da ihre Möglichkeiten, Krisen abzufedern, aufgrund ihrer eingeschränkten Ressourcen viel geringer sind.
2011 hat eine anhaltende Dürreperiode, von der auch der Süden Äthiopiens betroffen war, zu einer Hungersnot am Horn von Afrika geführt. Trotz chronisch prekärer Ernährungslage vergibt die äthiopische Regierung in großem Stil Land an ausländische Investoren, die Nahrungsmittel, Pflanzen für Agrotreibstoffe oder Blumen für den Export in den Nahen Osten sowie nach Europa und Asien anbauen.
Die Nachfrage nach Agrotreibstoffen und die „Finanzialisierung“ der globalen Rohstoffmärkte haben die Spekulation auf Nahrungsmittel angeheizt und Preise massiv in die Höhe getrieben. Sowohl für die äthiopische Wirtschaft als auch für die Bevölkerung waren der internationale Anstieg der Lebensmittel- und Brennstoffpreise in den letzten Jahren, Ausfälle im Export sowie ein Rückgang der remittances die spürbarsten Folgen der globalen Wirtschaftskrise. Insbesondere arme Frauen sind gegenüber derartigen Einbrüchen äußerst verwundbar, da sie über geringere Ressourcen verfügen und zugleich die Verantwortung für die Versorgung der Familienmitglieder tragen. Die vom IWF verlangten makroökonomischen Maßnahmen im Zuge neuerlicher Kreditvergaben 2009 schränken kontrazyklische staatliche Interventionsmöglichkeiten ein.
Migration ins Ausland stellt für viele Äthiopierinnen und ihre Familien eine wichtige Coping-Strategie in Krisenzeiten dar. Dies trifft vermehrt für die letzten Jahre zu, in denen die Privathaushalte insbesondere mit den Auswirkungen der Nahrungsmittelkrise zu kämpfen haben. Viele Frauen migrieren, um im Ausland einer Erwerbsarbeit nachzugehen, um das Überleben ihrer Familie sowie ihr eigenes zu sichern. Ziel äthiopischer Migrantinnen sind vor allem die Golf-Staaten, wo Frauen unter prekären Verhältnissen vor allem im privaten Dienstleistungssektor arbeiten.
Um die Rechte von Frauen in Anbetracht der systemischen Krisen zu stärken und Alternativen zu fördern, zeigen die Autorinnen Handlungsansätze für die internationale Gemeinschaft auf: Stopp des Raubbaus an natürlichen Ressourcen, Förderung ökologisch nachhaltiger Landwirtschaft und Umsetzung des Konzepts der Ernährungssouveränität, internationale Regulierung des Nahrungsmittel- und Rohstoffderivatehandels, in den Industrieländern Reduktion von Subventionen an die Agroindustrie und Moratorium auf die EU-Agrotreibstoffziele, Reduktion der Treibhausgase, Bevorzugung des „Fairen Handels“ im Welthandel, Stärkung von Frauenrechten insbesondere in ländlichen Regionen und Finanzierung von Frauenförderung in der Entwicklungszusammenarbeit, Unterstützung von nationalen/lokalen Maßnahmen zur Abfederung der Folgen des Klimawandels unter gleichberechtigter Einbeziehung von Frauen, mehr Möglichkeiten zur legalen Migration sowie Stärkung der Arbeitsrechte von Migrantinnen.