WIDE-Update: Steuergerechtigkeit

Veröffentlicht am: 19. Dezember 2019|Newsletter: WIDE Update, Publikation|Themen: |

WIDE-Update 2/2019: Steuergerechtigkeit für Frauenrechte (pdf)

 

In WIDE-Update 2/2019 wird zunächst ein Überblick über die Herausforderungen für Gender- und Steuergerechtigkeit in Entwicklungsländern gegeben, gefolgt von einigen Beispielen zur Problematik der Besteuerung von Frauen im informellen Sektor. Last but not least wird die Verantwortung der Industrieländer bezüglich Kapital- und Steuerflucht aus Entwicklungsländern thematisiert. Ein kleines Glossar am Ende soll das Entziffern von Abkürzungen in den verlinkten Texten erleichtern.

 

Herausforderungen

Steuergerechtigkeit ist für Frauen doppelt wichtig: damit sozialstaatliche Leistungen, die Frauen von unbezahlter Arbeit entlasten, finanziert werden können, und damit Frauen durch das Steuersystem nicht noch mehr benachteiligt werden.

Viele Fragen stellen sich weltweit ähnlich, wenngleich in der Praxis in unterschiedlicher Dimension. Sowohl im globalen Süden als auch im Norden geht es um die Frage, wie öffentliche Mittel so aufgebracht werden könne, dass die Lasten fair verteilt sind und die eingehobenen Steuern und Abgaben ausreichen, um das Funktionieren öffentlicher Institutionen zu gewährleisten und gesellschaftlich notwendige (Dienst-) Leistungen in möglichst guter Qualität erbringen zu können.

 

Nord-Süd-Dimension

Viele Steuerfragen haben aber auch eine globale bzw. Nord-Süd-Dimension, wie Steuer-Dumping, Steuervermeidung seitens transnationaler Konzerne und illegale Finanzströme.

Steuerflucht entzieht den Entwicklungsländern die dringend notwendigen Mittel für öffentliche Investitionen sowie für (Re-)Investitionen in den Privatsektor.

Für Entwicklungsländer ist es zudem eine große Herausforderung, die Verringerung  von Einnahmen durch Zölle, die im Rahmen der globalen Freihandelsregeln immer mehr abgebaut wurden, zu kompensieren. Die Einkommen breiter Teile der Bevölkerung sind oft so niedrig, dass sie für eine Besteuerung kaum eignen. Nichtsdestoweniger werden auch von den Armen häufig Abgaben eingehoben, sei es in Form von Umsatzsteuern und kommunalen Abgaben oder Lizenzen und Gebühren. Frauen in Afrika, die im informellen Sektor – etwa als Marktverkäuferinnen – arbeiten, zahlen diverse abgabenähnliche Gebühren, sei es auf formeller oder informeller Basis.

 

Besteuerung der Armen oder der Big Players?

Die Besteuerung kommt in Konflikt mit den Menschenrechten, wenn von Menschen, die nicht genug für ihr eigenes (Über-)Leben haben, Geld eingehoben wird.

Hingegen können große Player oft von Steuernachlässen – etwa in Exportproduktionszonen – oder von Doppelbesteuerungsabkommen (die steuermindernde konzerninterne Verrechnungspraktiken begünstigen) profitieren und tragen so zu wenig zum öffentlichen Haushalt bei.
Die weltweite Ungleichheit wächst, und sie wächst sowohl zwischen den Staaten als auch innerhalb der Staaten. Vermögensakkumulation ist eine kapitalistische Dynamik, und ihr gegenzusteuern eine gesellschaftliche Herausforderung, die sich immer wieder neu stellt. Nicht nur materielle Armut ist ein vielschichtiges gesellschaftliches Problem, sondern auch die Ungleichheit selbst. Ungleichheit unterminiert die Demokratie („Geld ist Macht“), führt in Finanzkrisen (gefolgt von Wirtschaftskrisen) und sprengt den sozialen Zusammenhalt (Kriminalität).

 

Steuern zur Finanzierung öffentlicher Leistungen

Aus feministischer Perspektive wird beim Thema Steuergerechtigkeit stark die Frage der ausreichenden Besteuerung zur Erbringung öffentlicher Leistungen thematisiert, u.a. um Frauen von unbezahlter Care-Arbeit zu entlasten und den Zugang zu Gesundheit und Bildung zu ermöglichen, sowie die Frage, inwieweit Steuern fair und progressiv sind. Denn scheinbar neutrale Steuern wie die Umsatzsteuer oder andere Verbrauchssteuern haben einen regressiven Effekt und belasten niedrige Einkommen – zu denen auch die Frauen-Einkommen zählen – überproportional.

 

Ambivalente Ökosteuern

Diese Frage wird auch im Zusammenhang mit Ökosteuern virulent – und bietet gegenwärtig viel Stoff für die Diskussion unter Akteur*innen, denen gleichermaßen soziale Gerechtigkeit als auch der Erhalt (bzw. die Regeneration) von Ökosystemen – unserer Lebensgrundlage – ein zentrales Anliegen sind.

 

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