Das weibliche Gesicht von HIV/AIDS

Veröffentlicht am: 4. Mai 2010|Presseaussendung, Publikation|Themen: |

WIDE fordert mehr EZA und Maßnahmen gegen Stigmatisierung

(7.7.2010) Der Anteil an Frauen unter den Menschen mit einer HIV-Infektion ist seit Jahren kontinuierlich gestiegen und liegt heute weltweit bei 50%. Diese Tatsache erfordert eine spezifische Aufmerksamkeit für die vielfältige Betroffenheit von Frauen. Anlässlich der Weltaidskonferenz, die vom 18.-23.7.2010 in Wien stattfinden wird, fordert das entwicklungspolitische Frauennetzwerk WIDE die österreichische Bundesregierung und die internationale Staatengemeinschaft auf, im Kampf gegen HIV/AIDS gezielte Maßnahmen zur Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen umzusetzen. WIDE präsentierte dazu ein Positionspapier „HIV/AIDS und Frauen – Herausforderungen für die Entwicklungspolitik“.

Feminisierung von HIV/AIDS

Die meisten HIV-positiven Menschen leben im südlichen Afrika, auch der Frauenanteil ist hier mit 60% am höchsten. Das hohe Infektionsrisiko von Frauen hängt generell eng mit ihrer ökonomischen Diskriminierung, fehlendem Zugang zu sexuellen und reproduktiven Rechten und dem hohen Ausmaß an Gewalt gegen Frauen zusammen. „In den besonders betroffenen Ländern muss der Zugang von Frauen zu Bildung und zum Arbeitsmarkt verbessert werden. Frauen brauchen einen besseren Zugang zum Gesundheitssystem, dazu zählen auch mobile, niederschwellige Dienste in ländlichen Regionen“, so Lisa Sterzinger von World Vision. Zudem lastet die Pflege von AIDS-Kranken und die Versorgung von AIDS-Waisen überwiegend auf den Schultern von Frauen. „Regierungen sind aufgefordert, Systeme der Abgeltung für diese unbezahlten Pflegeleistungen zu finden“, betonte Sterzinger.

Herausforderungen für die Entwicklungspolitik

Der Zugang zu medizinischer Behandlung, welche HIV/AIDS von einer tödlichen zu einer chronischen Krankheit macht, ist trotz beachtlicher Fortschritte für etwa zwei Drittel aller Betroffenen in den ärmeren Ländern noch immer nicht gegeben. Angekündigte Sparmaßnahmen bei der Entwicklungszusammenarbeit werden sich negativ auf die Millenniumsentwicklungsziele auswirken, welche u.a. die Reduzierung der Müttersterblichkeit und Bekämpfung von HIV/AIDS vorsehen. WIDE fordert die österreichische Bundesregierung auf, den Sparstift nicht bei der ohnehin auf 0,3% des BNE gesunkenen Entwicklungszusammenarbeit anzusetzen, sondern endlich seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen und die bi- und multilaterale Kooperation bis zur Erreichung von 0,7% um zumindest 50 Mio. EUR jährlich aufzustocken. Dafür liegen Finanzierungsvorschläge vor, wie die Einhebung einer Flugticketsteuer, einer Finanztransaktionssteuer oder die Einführung bzw. Erhöhung vermögensbezogener Steuern.

Sexuelle und reproduktive Gesundheit

In der EZA kann an erfolgreiche Programme angeknüpft werden, die zur Stärkung der politischen, ökonomischen sowie sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen beitragen. Zugleich müssen Maßnahmen zum Aufbau von Sozialversicherungssystemen und verbessertem Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen unterstützt werden. WIDE fordert auch eine stärkere Verschränkung von HIV/AIDS-Programmen mit Einrichtungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, um etwa die Mutter-Kinder-Übertragung durch Aufklärung und medizinische Behandlung zu verhindern. Weiters bedarf es verstärkter frauenspezifischer Forschung und Partizipation von Frauen, damit HIV/AIDS-Präventions- und Behandlungsprogramme auf die besonderen Bedürfnisse von Frauen abgestimmt und von diesen auch angenommen werden können, wie z.B. von Sexarbeiterinnen.

Sexarbeiterinnen in Österreich

„Stigmatisierung, restriktive Gesetze, Diskriminierung und sozialer Ausschluss verursachen eine unsichere und prekäre Situation, die die rechtliche und sozioökonomische Lage von (migrantischen) SexarbeiterInnen beeinträchtigt und ihren Zugang zu Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, zu HIV-Prävention und Behandlung einschränkt“, kritisierte Faika El-Nagashi von der Migrantinnenselbstorganisation LEFÖ.

Rechte hier und jetzt!

In Österreich ist AIDS auch 2010 ein Tabuthema, über das nur „hinter vorgehaltener Hand“ gesprochen wird, meinte Wiltrut Stefanek vom Selbsthilfeverein PULSHIV. „Ein sichtbares Leben mit HIV ist auch heute nicht möglich. Diskriminierung und Stigmatisierung finden nach wie vor im Alltag statt. Menschen reagieren überängstlich, manchmal sogar hysterisch, weil sie einfach zu wenig wissen oder falsch informiert sind“, so Stefanek. „Aus Angst, sozial ausgestoßen und gesellschaftlich stigmatisiert zu werden, verheimlichen viele von uns nach wie vor ihre Infektion bzw. Erkrankung, oft sogar vor ihren nächsten Angehörigen.“ Um das breite Spektrum an Menschenrechtsverletzungen und den Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung HIV-positiver Menschen und ihrer Angehörigen wird es auf der diesjährigen Weltaidskonferenz stark gehen, wie an ihrem Motto erkennbar ist: „Rights here – right now!“

WIDE-Positionspapier „HIV/AIDS und Frauen – Herausforderungen für die Entwicklungspolitik“

Fotos zum Pressegespräch

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