Armut und Diskriminierung ist weiblich
Umfassender nationaler Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen gefordert
(Wien, 2. März 2009) Einen umfassenden nationalen Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen forderten heute Frauenrechts-Expertinnen im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. Dieser Plan solle laut Ansicht der Expertinnen weit über den von Frauenministerin Heinisch-Hosek vorgesehen Rahmen hinaus gehen. „Ein nationaler Aktionsplan zur Gleichstellung in Österreich muss alle Bereiche der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) umfassen und darf nicht auf den Bereich Beschäftigung beschränkt bleiben,“ formulierte es die Juristin und CEDAW-Expertin Karin Tertinegg. Ein mit Vertreterinnen von Frauenrechtsorganisationen besetztes Podium bekräftigte diese Forderung und beleuchtete die Lebenssituation von Frauen in Österreich und international.
Angela Ivezic, Migrantinnenberaterin in Wien, betonte wie sehr fremdenrechtliche Bestimmungen das Leben von Migrantinnen prägten. Das betreffe sowohl ihren Aufenthalt als auch Beschäftigung und Sozialleistungen. Frauen würden dabei eine doppelte Diskriminierung erfahren: als Frau und als Migrantin. Besonders jene, die über die Familienzusammenführung nach Österreich kommen, seien in ihrem Aufenthalt vollkommen abhängig vom Ehemann. Ein eigenes Aufenthaltsrecht für diese Frauen sei deshalb unumgänglich.
Alleinerzieherinnen gehören laut Elisabeth Wöran von der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende zu den am stärksten von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen. Wöran forderte deshalb eine Gleichstellung von Paaren und Alleinerziehenden sowie eine Familienverträglichkeitsprüfung für alle Gesetze. Massive Probleme gebe es auch bei Kindern, deren Väter den Unterhalt nicht zahlten. „Eine Unterhaltssicherung für alle Kinder sollte eine Grundrecht sein“, so Wöran.
„Frauen verdienen in Österreich im Durchschnitt um 40 Prozent weniger als Männer“, erläuterte Sybille Pirklbauer von der AK Wien die ökonomischen Situation von Frauen in Österreich. Das liege hauptsächlich daran, dass von den weiblichen Erwerbstätigen 46 Prozent in Teilzeit arbeiteten. Dies wirke sich nicht nur auf die Alterspension von Frauen aus, sondern verstärke überhaupt die Gefahr in die Armut abzurutschen.
Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle bezog sich in ihrem Statement auf den Mord an einer jungen Frau vor zwei Wochen in Wien: „Der Mann war für seine Gefährlichkeit bekannt, aber die Strafjustiz hat nichts getan, um die Frau zu schützen“, so Logar. Sie forderte deshalb verstärkt Schulungen für die Justiz und ließ auch nicht unerwähnt, dass das UN-Frauenrechtskomitee Österreich bereits bei zwei Mordfällen wegen mangelndem Schutz der weiblichen Opfer verurteilt hat.
Die internationale Ebene beleuchtete Kathrin Pelzer vom Verein Frauensolidarität. Österreich habe die Pflicht, die Umsetzung der UN-Frauenrechtskonvention international und auf EU-Ebene sowie auch in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und bei transnationalen Konzernen einzufordern. Pelzer: „70 Prozent der Armen in der Welt sind Frauen. Die Auswirkungen der momentanen Wirtschaftskrise dürfen nicht auf Kosten der Frauen und durch die Verteilung der Verluste nach unten aufgefangen werden.“
UN-Frauenrechtskonvention CEDAW
Die UN-Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention on the Elimination of all forms of Discrimination Against Women) ist die bedeutendste UN-Kovention in Bezug auf Frauenrechte. Sie regelt in 30 Artikeln alle Lebensbereiche von Bildung über Arbeit bis zu Gesundheit. Die Frauenrechtskonvention wurde 1979 von der UNO angenommen und 1982 von Österreich ratifiziert.
Das NGO-CEDAW-Komitee ist ein Zusammenschluss von Expertinnen und Vertreterinnen von NGOs, die Lobbying für die UN-Frauenrechtskonvention machen und ihre Umsetzung durch die österreichische Bundesregierung vorantreiben wollen. WIDE ist Mitglied des NGO-CEDAW-Komitees.
Bildunterschrift v.l.n.r.:
Kathrin Pelzer, Elisabeth Wöran, Angela Ivezic, Rosa Logar, Sybille Pirklbauer, Karin Tertinegg
Foto: AÖF
Presseaussendung des Österreichischen NGO-CEDAW-Komitees
Rückfragehinweis:
Mag.a Daniela Almer, Informationsstelle gegen Gewalt, Tel. 01/544 08 20, daniela.almer@aoef.at