Ungleichheit reproduziert Krisen
Global Wealth Report zeigt: Umverteilung dringend nötig
(Wien, 8.6.2011) Österreich liegt mit seiner „Millionärsdichte“ weltweit an fünfter Stelle – kürzt aber die Entwicklungszusammenarbeit, spart bei Familien, Bildung, Forschung und Sozialem. In Österreich gibt es rund 37.000 MillionärInnen, davon 297 superreiche Haushalte mit einem Vermögen von mehr als 100 Millionen Dollar (Standard vom 1./2.6.2011). Das Privatvermögen – Immobilien nicht mitgerechnet – stieg in Österreich um 7% auf 656 Milliarden US$.
Es ist skandalös, dass weltweit die breite Bevölkerung die Lasten der globalen Finanzkrise zu tragen hat, während in Österreich Vermögenssteuern tabu sind und auch die „Steuerbelastung der Banken noch immer unter dem Niveau von 2002“ liegt (eb. Standard vom 1./2.6.2011). Das massive Auseinanderdriften von Arm und Reich ist auf Dauer unhaltbar, denn die wachsende Konzentration der Privatvermögen trägt zur Instabilität der globalen Finanzmärkte bei, weil es nur zum geringen Teil in die reale Wirtschaft, sondern in hohem Maß in spekulative Anlageformen fließt. Aufgrund dieser Umverteilung von unten nach oben ist weitere „Blasenbildung“ und die nächste Krise vorprogrammiert.
Besonders frivol ist es, wenn ein Land mit einer „Millionärsdichte“ wie Österreich seine ohnehin bescheidenen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit als Folge der Wirtschaftskrise kürzt. Das entwicklungspolitische Frauennetzwerk WIDE fordert deshalb, dass Österreich die im Finanzrahmen beschlossenen Kürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit rückgängig macht und über Banken-, Finanztransaktions- und Vermögenssteuern die Entwicklungszusammenarbeit in der seit Jahrzehnten zugesagten Höhe von 0,7% des BNE finanziert (derzeit liegt das Volumen bei 0,3% des BNE).
Die Kürzungen betreffen vor allem die direkte Entwicklungsförderung und da vor allem die Förderung von Frauen obwohl gerade das ein wichtiges und Erfolge verzeichnendes Prinzip der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ist. Laut OECD fließen nur sehr wenig Mittel direkt an Frauenorganisationen in Entwicklungsländern, die sich für die Rechte und die Verbesserung der Lebenssituation besonderes benachteiligter Gruppen einsetzen. Von 402 Mio. US$ budgetierter bilateraler österreichischer Entwicklungszusammenarbeit (Durchschnitt 2008/09) gingen nur 3 Mio. US$ direkt an Frauenorganisationen.
WIDE fordert eine breite gesellschaftliche Diskussion über Umverteilung von Vermögen ebenso wie über die Bewertung und Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Dabei muss auch das Paradigma von Wirtschaftswachstum als unabdingbare Voraussetzung für Wohlstand hinterfragt werden. Während eine kleine Schicht vom Wachstum ungeheuer profitiert, zahlt die große Mehrheit der Menschheit die Zeche – durch Überarbeitung, Hunger und Armut, Zerstörung der Biodiversität und der menschlichen Lebensgrundlagen. Es braucht eine politische Willensbildung, um demokratische, auf den Menschenrechten basierende Alternativen durchzusetzen!
Während die Entwicklungsländer Wirtschaftswachstum brauchen – allerdings ein ökologisch nachhaltiges und auf Regionalentwicklung anstatt auf den Export ausgerichtetes Wachstum –, ist die Wachstumsideologie in den Industriestaaten zu hinterfragen. Zukunftsfähig ist nur ein sich am Gemeinwohl orientierendes Wirtschaftssystem, in dem die weltweite Armutsvermeidung oberste Priorität hat. Die geringere Millionärsdichte wird für alle verkraftbar sein.