WIDE: Die Frage wer zahlt, bleibt!

Veröffentlicht am: 22. April 2009|Presseaussendung, Publikation|Themen: |

Wo bleiben die Schutzschirme für Frauen in Entwicklungsländern?

(Wien, 22.4.2009) Das Frauennetzwerk WIDE – Women in Development Europe – kann Finanzminister Josef Pröll das Versprechen in seiner Budgetrede, dass niemand im Regen stehen gelassen wird, nicht abnehmen! Denn die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit wurden im aktuellen Budget nicht aufgestockt, und somit wird die Verpflichtung der Regierung, diesen Posten bis 2015 auf 0,7% des BIP zu erhöhen, nicht eingelöst werden können. Dies ist vor allem für Frauen in den Ländern des Südens von existenzieller Bedrohung! Dabei könnten durch eine Finanztransaktionssteuer von 0,1 % die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit verdoppelt werden.*

Die Ärmsten der Armen leiden schon derzeit am meisten unter der Finanz- und Wirtschaftskrise – jetzt wird auch noch entgegen der Zusagen bei den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit gespart. Unsere Solidarität soll sich in Spenden und Spendenabsetzbarkeit erschöpfen. Gefragt ist aber mehr als Mildtätigkeit – gefragt sind Strukturveränderungen, wie sie zum Beispiel die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sein könnte. Zwar befürworteten alle fünf Parteien im Parlament am 10. Dezember 2008 die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene, konkrete Ergebnisse gibt es bislang jedoch keine.

Die versprochenen Schutzschirme werden über Banken aufgespannt, während jene, die mit den Spekulationen rein gar nichts zu tun hatten – Frauen in den Entwicklungsländern – im Regen stehen gelassen werden. Sie verfügen weltweit über die geringsten Reserven, und jede Verknappung ihres Einkommens trifft sie daher am härtesten. In vielen Ländern sind 60-80 % der Beschäftigten in der Exportindustrie Frauen. Eine aktuelle Studie der britische Hilfsorganisation Oxfam „Paying the Price for the Crises“*, für die Arbeiterinnen in 10 Ländern befragt wurden, zeigt auf, dass sie die ersten sind, die ihre Arbeitsplätze verlieren. So haben zum Beispiel in Indien 2008 bereits 700 000 Textilarbeiterinnen ihre Jobs verloren. Auch bisherige Krisen wie die Asienkrise haben gezeigt, dass dort, wo Jobs und Geld knapp werden, Frauen durch unbezahlte Mehrarbeit, Arbeit im informellen Sektor und Selbsthilfe die Grundversorgung in Haushalten aufrechterhalten.

Es braucht daher eine gendersensible Budgetpolitik, die sich nicht im Bekenntnis zu Genderbudgeting erschöpft, sondern aktiv Frauenförderung betreibt! Eine Mittelaufstockung für die Austrian Development Agency (ADA) – die als einziger Bereich der EZA die Relevanz ihrer Programme für Frauen überprüft – wäre eine Möglichkeit, Frauen international wirksam zu unterstützen.

WIDE betrachtet es als Skandal, dass neuerlich der IWF als Retter in der Not fungiert und die ihm zur Verfügung stehenden Mittel verdreifacht wurden, obwohl keinerlei Demokratisierung dieser Institution stattgefunden hat und seine Strukturanpassungsprogramme in der Vergangenheit zur massiven Verelendung breiter Bevölkerungsschichten geführt haben.

Gerade weil wir Eigenverantwortung nicht wie einen Mantel an der Garderobe beim Staat abgeben, wie es der Finanzminister in seiner Rede formulierte, fordern wir Mitsprache und Einbeziehung der Betroffenen, wenn es um die Erstellung von Budgets geht. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die Krise trotz verschiedener Bemühungen zu Lasten derer geht, die keine Mitsprache haben, zu Lasten der Ärmsten der Armen – zu Lasten der Frauen!

Quellen:
* Vgl. WIFO (2008): http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?
fid=23923&id=31819&typeid=8&display_mode=2

* Oxfam (2009): http://www.oxfam.org.uk/resources/policy/
economic_crisis/downloads/impact_economic_crisis_women.pdf

Rückfragehinweis:
WIDE – Netzwerk Women in Development Europe
Tel: 01-317 40 31, wide.austria@aon.at

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