Taten, nicht nur Worte!
Internationaler Frauentag: Stillstand, so weit das Auge reicht
(Wien, 5.3.2010) Um auf die globale Schieflage in Sachen Gendergerechtigkeit und Frauengleichstellung aufmerksam zu machen, fand heute, im Vorfeld zum internationalen Frauentag, im Votivpark eine Aktion des Frauen-Netzwerks „WIDE – Women in Development Europe“ statt. Symbolisch spannten die Teilnehmerinnen ein (Rettungs-)Netz für Frauenrechte weltweit um einen zerbrochenen Globus.
15 Jahre Aktionsplattform von Peking
Vor bereits 15 Jahren verabschiedeten die Regierungen bei der 4. Weltfrauenkonferenz einen globalen Masterplan zur Umsetzung von Frauenrechten: die „Aktionsplattform von Peking“.
Laut UN-Regionalberichten zur Umsetzung der Aktionsplattform gibt es Fortschritte zu verzeichnen, vor allem im Bildungs- und Beschäftigungssektor, aber Geschlechtergleichheit ist immer noch ein Fernziel und es bleibt viel zu tun. Obwohl das Thema Frauenarmut 1995 ganz oben auf der Agenda stand, lautet das bittere Ergebnis für Afrika, dass es keine Anzeichen gibt, dass die existenten Politiken und Strategien die Feminisierung der Armut in Afrika beenden konnten. Aber auch in Europa blieben trotz des Themenschwerpunkts „Frauen in der Wirtschaft“ die Gleichstellungsbemühungen in Bezug auf Armutsgefährdung und Lohngefälle zwischen Frauen und Männern erfolglos. Und auch Wirtschaftswachstum ist kein Garant dafür, dass Geschlechtergerechtigkeit entsteht. Die weltweit höchsten Wachstumsraten in Süd- und Ostasien gehen einher mit der weltweit größten Zahl von Armen; hohe Beschäftigungszahlen von Frauen stehen dem größten Lohngefälle zwischen Männern und Frauen gegenüber.
Wirtschaftswachstum kein Garant für Gleichstellung
Noch immer werden Frauen in vielerlei Hinsicht unterdrückt und marginalisiert. Ihr Anteil unter den in extremer Armut lebenden Menschen sowie unter den „Working poor“ ist mit 60 Prozent überproportional hoch. Die globale Krise verschärft die Situation zusätzlich, obwohl sie zu Beginn teilweise als Chance zu einer nachhaltigen Umgestaltung der Weltpolitik und Weltwirtschaft gesehen wurde. Die Hoffnung, dass die dringendsten Probleme der weltweiten Armut, des Klimawandels und der Benachteiligung von Frauen in den Mittelpunkt der staatlichen Eingriffe zur Krisenbekämpfung gestellt werden, wurde bald zerstört. Vielmehr dient die Krise Regierungen oftmals als Entschuldigung, keine geschlechtergerechten Programme zu planen und keine konkreten Zustandsbeschreibungen liefern zu können. Christa Wichterich, Soziologin und Mitarbeiterin des internationalen Netzwerks WIDE, zieht eine kritische Bilanz. Sie sieht „Stillstand, so weit das Auge reicht“.
„Veränderungen erfolgen nicht automatisch, sondern es gehören politischer Wille, finanzielle Mittel und ein technische Instrumentarium dazu,“ so Christa Wichterich. „Damit in Sachen Geschlechtergerechtigkeit und Frauenrechten etwas vorwärts geht, braucht es neue Konzepte, Strategien und auch neuen Schwung von den Regierungen“, betont Eva Klawatsch-Treitl, Vorstandsmitglied von WIDE Österreich.
WIDE fordert daher
- eine Wirtschaftspolitik, die statt reiner Wachstumsorientierung und Gewinnmaximierung das gute Leben für alle im Blick hat: Regulierung der Finanzwirtschaft, Stimuluspakete für die „Sorge“-Ökonomie wie Anhebung der Gehälter in frauenspezifischen Dienstleistungsbereichen, Schaffung neuer Arbeitsplätze insbesondere im personenbezogenen „Care“-Sektor, frauenfördernde Unterstützung durch ausreichende und erschwingliche Kinderbetreuungsplätze
- Faire Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit – gleiche Beteiligung von Männern an der Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege alter Menschen
- Gender-Budgeting, um die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Haushaltswesen zu erreichen, welche in Österreich als Staatszielbestimmung in der Verfassung verankert ist
- Stärkung der Vereinten Nationen und ausreichende finanzielle Ressourcen für die neue Gender-Einheit der UN
- Mehr Mittel für spezifische Aktivitäten zur Gleichstellung und Stärkung von Frauen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit
- Moratorium auf EU-Freihandelsabkommen, welche die Subsistenzwirtschaft von Frauen in Ländern des globalen Südens in Bedrängnis bringen
- Berücksichtigung von Fraueninteressen in Abkommen zum Klimaschutz!
Fotos zur Aktion „Rettungsnetz für globale Frauenrechte