Bioökonomie als Motor für grünes Wachstum

Veröffentlicht am: 18. Jänner 2018|Artikel, Publikation|Themen: |

Feministische Kritik und Gegenentwürfe zur Green Economy

Von Christa Wichterich

(18.1.2018) Bioökonomie lautet die jüngste Zauberformel, um die Wachstumsschwäche der Wirtschaft, aber auch Umweltprobleme wie Klimawandel, Energiekrise und globale Ressourcenknappheit in den Griff zu bekommen.

Bioökonomie bezeichnet im Kern eine Begrünung der Wirtschaft, auf neudeutsch: Green Economy, durch Umstellung von fossilen auf biologische Ressourcen, durch synthetische Biologie, Nanotechnologie und Gentechnik in Nahrungsmitteln und Medikamenten. Es geht nicht nur um Ethanol im Tank, sondern auch darum, Kunststoffe aus Zuckerrohr und chemische Produkte aus Papierabfällen oder Getreidestengeln herzustellen. Gras, Klee und gentechnisch verändertes Baummaterial sollen in Bioraffinerien zu industriellen Grundstoffen verarbeitet werden. Der Finanzmarkt unterstützt diese Aufwertung von Bio und Grün dadurch, dass Biostoffe und –prozesse, nun Umweltdienstleistungen genannt, einen Preis bekommen und wie Waren gehandelt werden können. Insgesamt soll dieser Übergang von einer „braunen“ zu einer „grünen“ Industrie durch innovative Technologien und durch die „Macht des Marktes“ vorangebracht werden.

Voraussetzung für Bioökonomie ist eine massive Forschungsinitiative. Die EU hat allein für 2014-20 knapp 80 Milliarden für Forschung bereitgestellt, um bioökonomische Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Die deutsche Regierung hat eine nationale Bioökonomiestrategie bis 2030 vorgelegt. Vieles wird als öffentlich-private  Partnerschaft entwickelt, weil privates Kapital dabei wichtiger ist als öffentliche Mittel. Beim ersten globalen Bioökonomie-Gipfel, zu dem der deutsche Bioökonomierat 2015 nach Berlin eingeladen hatte, beschlossen mehr als 500 Vertreter_innen aus Wissenschaft, Politik und Konzernen aus 80 Ländern, ein „fundamentales Neudenken der Ökonomie“ und ein „grünes“ Wachstum zu befeuern.

Doch diese technologiebasierte grüne Kehrtwende ist voller Widersprüche und Dilemmata: wo soll die ganze Biomasse herkommen? Die meisten Anbauflächen müssen im globalen Süden liegen. In Afrika hat der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen als Energieträger seit Jahren zu Landraub und Vertreibung geführt. In Asien wurden riesige Flächen – umweltzerstörerisch und klimaschädigend – gerodet oder abgebrannt, um Palmöl anzubauen. Bäuerliche Landwirtschaft und Waldnutzung wurden verdrängt, der Wasserverbrauch ist gestiegen, der Pestizideinsatz ebenso. Konflikte um Landwirtschaft, Ernährungssicherung und Biodiversität eskalieren.  

Weiterlesen:Artikel (pdf)

Weitere Beiträge