5. Weltfrauenkonferenz

Veröffentlicht am: 22. Oktober 2012|Publikation, Stellungnahme|Themen: |

Für und Wider zur Abhaltung einer 5. Weltfrauenkonferenz

(22.10.2012) Im Jahr 1995, also vor fast 20 Jahren, fand die 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Peking statt, eine Veranstaltung, die – in Anknüpfung an die Leistungen ihrer Vorgängerinnen – sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene nachweislich zu großen Veränderungen führte.

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Dazu gehörten die dynamische Weiterntwicklung des Selbstverständnisses und des Selbstbewusstseins von Frauen in aller Welt, die Stärkung ihres  Zusammenhalts, ihrer Solidarität und des Gedankenaustauschs untereinander sowie verstärkte Bemühungen, nationales und internationales Recht von einer umfassenden Geschlechterperspektive her neu zu orientieren.

Vor diesem Hintergrund wurden sowohl Strategien zur Bekämpfung der Armut von Frauen und zur Überwindung aller Hindernisse für ihr Empowerment innerhalb des politischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Bereichs als auch Maßnahmen zur Verstärkung des Schutzes ihrer Menschenrechte und zur Schaffung und Unterstützung von staatlichen Einrichtungen und Behörden zur Förderung von Frauen und Mädchen angenommen.

Die WIDE Arbeitsgruppe „Beijing Follow Up, Globalisierung und Empowerment von Frauen“ setzt sich seit Jahren für die Einberufung einer 5. Weltfrauenkonferenz  ein. Dies auch deshalb, weil es vor allem für die jüngere Generation wichtig wäre, die Erfahrung des direkten internationalen Austauschs und des Aufbaus solidarischer Beziehungen machen zu können, die die vergangenen Weltfrauenkonferenzen – und die parallelen NGO-Foren – in so charakteristischer Weise prägte.

Allerdings hegen nun auch die Mitglieder dieser Gruppe in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen grundlegende Bedenken und Zweifel hinsichtlich des Erfolgs einer solchen Konferenz. Diese hängen vor allem mit der immer stärker werdenden Gegnerschaft von Seiten mancher konservativ-islamisch sowie konservativ-christlich geprägter Staaten gegen alle Veränderungen im Bereich der Frauenrechte zusammen, die u.a. dazu führten, dass bei der letzten Tagung der Frauenstatus-Kommission im März 2012 kein gemeinsames Dokument verabschiedet werden konnte. 

Die Tatsache, dass gerade vor diesem Hintergrund von Seiten des UN-Generalsekretärs sowie des Vorsitzenden der Generalversammlung der Vereinten Nationen – scheinbar ohne Absprache mit UN-Women – der Vorschlag zu einer 5. Weltfrauenkonferenz erfolgte, stieß daher auch unter früheren BefürworterInnen auf großes Erstaunen. Nun hat naheliegender Weise auf internationaler und nationaler Ebene, in und unter Regierungen und NGOs, die Diskussion zu diesem Thema eingesetzt.

Auf internationaler Ebene hat vor allem die NGO-Aktions-Plattform 5WCW (http://5wcw.org/) den Vorschlag zur 5. Weltfrauenkonferenz 2015 nachdrücklich unterstützt, was auch von Seiten mancher NGOs aus dem islamischen Raum begrüßt wurde. Andererseits hat WIDE vielfach kritische Stimmen vernommen – seitens NGO-Delegierter auf der letzten UN-Frauenstatus-Kommission 2012, auf dem AWID-Forum in Istanbul im April 2012 sowie seitens Süd-Projektpartnerinnen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit – die einen weiteren Backlash für Frauenrechte und eine Vereinnahmung und Ökonomisierung von Frauenpolitik aufgrund der vorherrschenden neoliberalen Tendenzen befürchten.

Vorbedingungen

Vor diesem Hintergrund hat WIDE folgende grundsätzliche Überlegungen und Anliegen formuliert, die als Vorbedingungen für die Abhaltung einer 5. Weltfrauenkonferenz dienen sollen:

–     Die Aktionsplattform von Peking stellt die Grundlage und den Ausgangspunkt für Beratungen im Rahmen einer 5. Weltfrauenkonferenz dar und darf auf keinen Fall neu verhandelt werden! Dieses Dokument war bahnbrechend und bildet eine unabdingbare Voraussetzung und Verpflichtung auch für die künftige Frauen- und Geschlechterpolitik von Regierungen in aller Welt.

– Inhaltlich müssen Zielstrategien, Möglichkeiten und Beispiele für „good practices“ zur Veränderung der Situation von Frauen in Zeiten multipler Krisen und zur Verankerung alternativen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Denkens und Handelns den Ton angeben. Mögliche Schwerpunkte sind Themen wie Entscheidungsmacht von Frauen in nationalen und internationalen Finanz- und Wirtschaftsgremien, soziale Absicherung, Care-Arbeit, Ernährungssicherheit und –souveränität, Verbesserung der gesellschaftlichen Position und des Ansehens von Frauen im ländlichen und urbanen Raum und gendergerechte Maßnahmen zur Abfederung des Klimawandels.

– Die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für die dabei vertretenen und eingeforderten Anliegen sollte im Vordergrund stehen („Pledging Conference“).

– Frauenfeindlichen Konzepten und Strategien muss ausdrücklich entgegengetreten werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die negative Rolle des Vatikans als Beobachter kritisch zu beleuchten und seinen Äußerungen zu widersprechen. 

– Innerhalb der Verhandlungen und der inhaltlichen Schwerpunktsetzungen darf neoliberalem Gedankengut kein Raum gegeben werden, und jede diesbezügliche Formulierung muss vermieden werden.

– Für die Organisation der Veranstaltung müssen zusätzliche Ressourcen für Planung, Administration, Fachpersonal, Aufenthaltskosten, Unterstützung von NGOs bei Vor- und Nachbereitung sowie vor Ort etc. aufgebracht werden.

– Es müssen umfangreiche Maßnahmen getroffen werden, um NGOs voll in die Veranstaltung einzubeziehen, ihnen regionale Vorbereitungstreffen und ein Parallelforum zur eigentlichen Konferenz zu ermöglichen, deren Ergebnisse in die Verhandlungen und das Abschlussdokument  einfließen, und um ihnen überdies eine komplikationslose Akkreditierung, das volle Mitspracherecht sowie den Zugang zu Delegationen und Verhandlungsräumen, die Einsicht in Dokumente und andere Unterlagen zu garantieren.

– Die Konferenz muss in einem Land stattfinden, das den Schutz von Menschenrechten hochhält und die Umsetzung von Frauenrechten nachweislich anstrebt sowie NGOs als wertvolle PartnerInnen und ExpertInnen anerkennt und deren möglichst zahlreiche Teilnahme sicherstellt. 

– Die Ansichten und Beschlüsse dieser internationalen Konferenz müssen in die Gesamtarbeit der Vereinten Nationen, z.B. auch in die Tagung zur Überprüfung der Umsetzung der MDGs und in den Post-MDG-Prozess, einfließen.

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