Tag der Menschenrechte: Fokus auf WSK-Rechte
NGO-Schattenbericht
Anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember 2021 hat die AG Globale Verantwortung, der Dachverband humanitärer und entwicklungspolitischer NGOs in Österreich, gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter WIDE, einen Bericht herausgebracht.
In diesem Parallelbericht zum (nicht abgegebenen) österreichischen Staatenbericht wird auf extraterritoriale Staatenpflichten eingegangen. Beispielhaft wird aufgezeigt, wie sich Österreichs Steuer-, Handels-, Rohstoff-, Klima-, Agrar-, Ernährungs- und Entwicklungspolitik auf Menschenrechte in Ländern des Globalen Südens auswirkt und welche Schritte zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen gesetzt werden sollten.
Extraterritoriale Staatenpflichten
In Folge der Globalisierung und der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen verschiedenen Teilen der Welt können Handlungen von Staaten und Unternehmen direkte Auswirkungen auf die Menschenrechte in anderen Ländern haben. Dementsprechend macht auch die Verantwortung der Staaten für die Verwirklichung der Menschenrechte nicht an Grenzen halt. Staaten sind auf Grundlage des Völkerrechts, konkret des UN-Pakts über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte (WSK-Pakt) dazu verpflichtet, Menschenrechte zu achten, vor Eingriffen Dritter zu schützen und Maßnahmen zur Verwirklichung noch nicht umgesetzter Rechte zu setzen. Die dazu definierte länderübergreifende Verantwortung wird als „extraterritoriale Staatenpflicht(en)“ bezeichnet.
WSK-Rechte von Mädchen und Frauen
Wenn Staaten die WSK-Rechte nicht gewährleisten, sind Frauen und Mädchen davon noch stärker betroffen als Männer und Buben. Gerade im Kontext der Covid-19-Pandemie ist ihr Zugang zu existenzsichernder Arbeit, Bildung, Gesundheitsversorgung, Schutz vor Gewalt sowie zu sexuellen und reproduktiven Rechten in Ländern des Globalen Südens stark beeinträchtigt. Österreich muss seinen internationalen Verpflichtungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe nachkommen und mit allen Projekten und Programmen zugleich die Gleichstellung der Geschlechter fördern (Gender-Mainstreaming). Zudem sollte Österreich die Zielsetzungen und Aktionsbereiche des EU Gender Aktionsplans III aktiv unterstützen.
Handelsbeziehungen verändern
Ebenso wichtig ist, jene Bereiche bzw. Politiken der internationalen Beziehungen zu verändern, die auf der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und billiger Arbeitskraft im globalen Süden durch den globalen Norden beruhen, zur Zerstörung lokaler (Lebensmittel-)Produktion führen und lokale Wertschöpfung, Generierung von Steuereinnahmen und nachhaltige Entwicklung verhindern.
Im vorliegenden Report wird für den Bereich Agrar- und Ernährungspolitik gefordert, dass die österreichische Bundesregierung, insbesondere das BMLRT, ihre Agrar- und Handelspolitik an der UN-Erklärung der Rechte von Kleinbäuer*innen und anderen Personen, die in ländlichen Gebieten arbeiten, ausrichtet, um deren strukturelle Benachteiligung gegenüber der industriellen Landwirtschaft zu beseitigen.
Ökologischen Fußabdruck verringern
Die österreichische Bundesregierung sollte weiters Maßnahmen einleiten, die den globalen ökologischen Fußabdruck des österreichischen Nahrungssystems verringern, um Verletzungen des Rechts auf eine nachhaltige und gesunde Umwelt zu vermeiden. Dies betrifft etwa österreichische Importe von Palmöl, Holzprodukten oder Soja und ihre Auswirkungen auf Landnutzungsänderungen weltweit.
Zum Report: Zivilgesellschaftlicher Bericht über die Wirtschaftlichen, Sozialen und Kulturellen Rechte und die damit verbundenen extraterritorialen Staatenpflichten Österreichs, 9.12.2021, herausgegeben von der AG Globale Verantwortung